Die Bandscheibe oder wie es zur Hernie kommt

Bandscheiben

Wer genau wissen will, wie eine richtige Bandscheibe aussieht, kann in die nächste Metzgerei gehen und eine der dort hängenden Schweinehälften ansehen. Dort ist die Wirbelsäule halbiert, sodass die Bandscheiben zwischen den Wirbelkörpern gut sichtbar und tastbar sind; sie sehen genauso aus wie beim Menschen. Bewegt man eine solche Wirbelsäule, bekommt man eine Anschauung davon, wie die Bandscheiben bewegen, wenn der Körper verschiedene Haltungen einnimmt. Sichtbar wird auch, dass die Bandscheibe wesentlich kleiner ist, als sie sich im Röntgenbild darstellt. 

Der Bandscheibenkern (Nucleus pulposus)

Der halbfeste gallertähnliche Kern der Bandscheibe verlagert sich während der Bewegung zweier Wirbelkörper. Der Kern kann nach vorne und hinten, nach links und rechts oder auch diagonal in die Ecken wandern. In der Ruhelage bleibt der Kern in der Mitte liegen. Ein Bandscheibenvorfall besteht dann, wenn der Kern der Bandscheibe den natürlichen Bewegungsraum verlassen hat und allzu weit nach hinten Richtung Rückenmark ausgewandert ist.

Freie Beweglichkeit setzt freie Muskeln voraus

Voraussetzung für das Wandern des Kerns ist eine Bewegung der Wirbelknochen. Knochen bewegen sich jedoch nicht von selbst, sie werden von zugehörigen Muskeln bewegt. Damit der Bandscheibenkern sich von vorne nach hinten verschiebt, müssen die Muskeln auf der Vorderseite der Wirbelsäule anspannen und die an der Rückseite der Wirbelsäule locker lassen. Damit umgekehrt der Kern sich von hinten nach vorne bewegt, müssen die Muskeln hinten anspannen und die vorderen gleichzeitig locker lassen. Wenn der Bandscheibenkern in einer hinteren Ecke hängenbleibt und Richtung Rückenmark “vorfällt”, dann stellt sich die Frage, welcher Muskel auf der Vorderseite der Wirbelkörper nicht mehr locker lässt, um den Bandscheibenkern wieder in die Mittellage zurückzulassen.

Der Musculus Psoas (M.psoas)

Eine Bandscheibe verschiebt sich nicht von selbst, sie wird verschoben. Das ist wie bei der Zahnpastatube. Mit dem Öffnen der Tube kommt die Zahnpaste aus der Tube noch nicht heraus. Irgendwer muss Druck auf die Tube ausüben, damit der Inhalt herauskommt. Bei der Bandscheibe ist dies die vordere Wirbelsäulenmuskulatur. Sie hat einen Namen und heißt beim Menschen M.psoas.


Beim Schwein ist derselbe Muskel “das Filet”. Dieser Muskel verbindet beim Schwein wie beim Menschen die untere Wirbelsäule mit dem Oberschenkel. Nicht eine einzige Bewegung der unteren Körperhälfte ist ohne diesen Muskel denkbar.

Dieser Muskel ist die Brücke zwischen Wirbelsäule und Bein. Bei unserer modernen sitzenden Tätigkeit ist dieser Muskel stets sehr ungünstig verkürzt. Untere Wirbelsäule und Oberschenkel sind beim Sitzen stark angenähert, so dass der Muskel in dieser Verkürzung erstarrt. Beim Aufstehen in die aufrechte Haltung müsste dieser Muskel nachgeben, kann dies aber irgendwann nicht mehr ausreichend. Die Folge ist, dass die untere Wirbelsäule nach vorne kippt und das Becken dabei gleich mitnimmt. Das Hohlkreuz ist entstanden. Das Becken ruht nicht mehr vertikal über dem Hüftgelenk, sondern ist nach vorne gekippt, wodurch im Stand ein Drehmoment nach vorne entsteht.

Dieses Drehmoment muss von der rückwärtigen Gesäßmuskulatur (M.gluteus maximus) abgefangen werden, was diese auch nicht gerade erfreut. Denn der Gesäßmuskel ist zum Bewegen des Beines gedacht und nicht zum Halten des Rumpfes. Statt zu bewegen muss dieser Muskel also halten, was auch hier immer mehr zu einer Erstarrung führt. 

Die chirurgische Entfernung dieses Bandscheibenkerns ist keine ursächliche Therapie. Durch die Operation sind der M. Psoas und seine Begleitmuskeln nicht besser geworden. Das alte Problem besteht weiterhin, hinzu kommt der Schaden, den die Operation angerichtet hat, denn die Bandscheibe hat eine unverzichtbare Funktion im Bewegungsapparat.

Ursächliche Therapie von Bandscheibenvorfall und Kreuzschmerzen besteht darin, den M.psoas von seiner Spannung zu befreien und ihn so umzutrainieren, dass der Bandscheibenraum von sich aus frei wird und der- Vorfall somit von alleine verschwindet.